Im Laderaum sind 2 Andruckpressen, 1 historische Albion-Kniehebelpresse, 100 Sätze Blei- und Holzbuchstaben, Pappschere, Stockpresse und unfangreiche Handwerkzeuge. Es stehen 4-6 Arbeitsplätze zum Setzen, Drucken oder Buchbinden zur Verfügung. Im Hintergrund viele typografische Plakate, Beispiele und gestaltete Texte zu Themen unserer Zeit (siehe Produkte).
1958 wurde GERTRUD als Motorschiff nach Deutschland verkauft. GERTRUD fuhr jetzt von Norderney aus im ganzen Nordwesten: Steine aus Lemmer (NL), Pumpenteile aus Oldenburg, Fischkonserven aus Odensee (DK) und natürlich alle Frachten vom Festland nach Norderney. Im letzten Jahr haben wir Hans auf Norderney getroffen, der mehere Jahre auf GERTRUD als Matrose gefahren ist und wundervolle Geschichten erzählen kann.
2015 Anfang Februar kam ein Anruf aus den Niederlanden: "Ist da Gertrud?" Es meldet sich ein Jan Fransbergen und berichtet er sei auf GERTRUD geboren...! Er fragt wo das Schiff liegt und will ein Foto senden. Im Juli fahren wir mit kleiner Crew nach Wismar, Rostock etc. und bei uns ist auch Geert (ein Niederländer, der auch lange in Hamburg gearbeitet hat) der jetzt in Amsterdam lebt. Ich bitte ihn Kontakt mit Jan Fransbergen aufzunehmen. Ende Juli treffen überraschende Neuigkeiten ein: Sein Vater fuhr als Matrose auf NOVA CURA unter Jan Willem van der Meer und hat um 1932 das Schiff mit Hilfe eines Kredites von der Kaffeesirupfabrik aus Zarsluis gekauft. Er selber wurde 1939 an der Noordersluis geboren, weil dort medizinische Hilfe zu bekommen war. Auf dem Foto (1939) ist sein Vater auf dem Großbaum sitzend, sein Bruder Andre,, Schwester Sjoukje und das Nachbarmädchen zu sehen. Seine Mutter rechts ist gerade schwanger mit ihm. 1942/1943 hat sein Vater das Segelschiff mit Hilfsmotor eingetauscht gegen ein motorloses Frachtsegelschiff, da die Deutschen (II. Weltkrieg) alle Schiffe mit Motor beschlagnahmen wollten. So kam Hajo de Koe in den Besitz der NOVA CURA und lies es am 25.10.1943 in Meppel unter dem Namen ANIMO eintragen. Wir hoffen von Jan Fransbergen noch mehr zu erfahren und etwas mehr Licht in die Vergangenheit von GERTRUD zu bringen.
BESUCH
Am 19. Juni hoher Besuch in Leer: Jan & Johanna Fransbergen an Bord bei GERTRUD. Jan ist 1939 auf GERTRUD (Nova Cura) geboren! Sein Vater hat von 1934 bis 1942 die Nova Cura als Eigner gefahren. Danke für die spannende Berichte aus der Geschichte von GERTRUD.
Niederlande
Nach einer Reise über die "stehende Mastroute" in den Niederlanden erreichen wir Leer am 1. September. Wir machen wieder am Museumshafen fest und können - voller Freude - unseren alten Platz neben René einnehmen. Ich beschließe den Winter hier zu bleiben und im nächsten Jahr wieder auf große Fahrt zu gehen! Mal sehen, wo uns die alte Dame "GERTRUD" 2017 hinführen wird!?
2017 Leider beginnt das Jahr mit einem Schock für Traditionsschiffe! Der Verkehrsminister beschließt eine erhebliche Verschärfung der Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe. Seit Jahren setzt sich der Trend zur Angleichung an die Berufsschifffahrt nun fort und unsere Vertretung, die GSHW, läuft den Dingen immer nur hinterher! Ohne konkreten Anlass sollen jetzt alle Holztreppen durch Stahltreppen, Trennwände (Schots) aus Stahl im Vor-und Achterschiff auch bei Holzschiffen eingezogen werden, um nur einige Beispiele zu nennen! Die überwiegende Mehrzahl von diesen Schiffen sind in privater Hand oder werden von Vereinen mit erheblichen Aufwand am Leben erhalten. Der Staat stellt immer neue Anforderungen, ohne seine Aufgaben, den maritimen Erhalt der alten Schiffe auch nur ansatzweise gerecht zu werden. Weder Denkmalschutz noch Museen haben die Mittel, um die letzten Schiffe ihrer Art zu unterstützen oder zu deren Erhalt beizutragen. Dies passiert seit Jahren ungebremst, weil wir keine Lobby- im Gegensatz zu unserm holländischen Nachbarn- haben.
Auch in der Binnenschifffahrt (alle Kanäle und Flüsse) müssen ab 2017 Schiffe über 20 Meter Länge, wie die Berufsschifffahrt, ein AIS-System anschaffen und betreiben. AIS ist ein Identifikationssystem, was über GPS und Funk den aktuellen Schiffsort aller Schiffe in meinem Bereich anzeigt. Die Kosten sind erheblich und der Nutzen (weil nur Schiffe ab 20 Meter angezeigt werden) fragwürdig. Es geht überall seit Jahren immer nur um neue Auflagen und nie um Hilfen oder Kostenerleichterungen. Wir, die Eigner alter Schiffe, sind es, die das maritime Erbe unserer Region am Leben erhalten! Eine Aufgabe, die eigentlich der Staat zu übernehmen hat, um seiner Verantwortung gegenüber der Geschichte der Seefahrt und damit auch der menschlichen Arbeit an den Küsten (Fischfang etc.) gerecht zu werden!
Nach dem kostenaufwendigem Einrichten einer AIS-Klasse-A-Navigation ist unsere GERTRUD zwar wieder fahrtauglich, aber die Urlaubskasse weit überzogen und alle! Das Treffen alter Schiffe in Leer vom 4. bis 6. August war schön, wie immer. Anschließend sind wir 10 km weiter durch die Seeschleuse in Leer nach Weener zum Traditionsschiffstreffen gefahren. Vom 8. bis 13. August wurde uns ein ganz liebevoll zusammen gestelltes Programm zu teil, was vom Wetter mit Wärme und Sonne belohnt wurde. GERTRUD öffnete den Laderaum und zeigte die Druck-Grafik-Werkstatt, was viele Besucher mit Erstaunen zur Kenntnis genommen haben. Später wurden wir, von der Gemeinde, herzlich gebeten doch mit GERTRUD zu bleiben und auch den Winter hier in Weener zu verbringen. Leichten Herzens haben wir das Angebot angenommen und öffnen nun als Dank, einmal im Monat unsere Werkstatt für Besucher. 2018 hoffen wir nun endlich wieder auf große Fahrt gehen zu können und werden in den nächsten Monaten alles Nötige dazu vorbereiten. Hoffentlich wird der Winter nicht so frostig, denn GERTRUD mag das Eis nicht so gerne.
2018 in Weener und Papenburg
Am 6. September fahren wir zum Hafenfest nach Papenburg, was vom 7. bis 9. September stattfindet. Die sommerliche Schönwetterperiode macht GERTRUD unter Deck ziemlich heiß! Wir müssen mit 30 bis 40 Grad am Tag fertig werden, was zum Arbeiten anstrengend ist. An Deck geht nur von 06.00 bis 10.00 Uhr täglich etwas, um notwendige Reparaturen (Rost & Farbe) zu erledigen. Trotzdem ist der Sommer einfach ein Traum und wir sind geradezu beglückt.
Für alle, die uns in Papenburg mit unserer Kunst-Druck-Werkstatt besuchen wollen, wir sollen stadt-einwärts im Kanal liegen! Mal sehen, ob GERTRUD bis dahin fahren kann.
Die Fahrt ging einfach zu schnell! In Weener ausschleusen, 8 KM über die Ems nach Papenburg, im Verbund mit 6 anderen Schiffen einschleusen und schon sind wir im Hafen! Der für uns vorgesehene Kanal mit Brücke ist so eng, dass alle warnend schreien! Mit Geduld und Feingefühl haben Christine und Harald Gertrud per Hand ausgerichtet und ganz langsam - mit biegenden Warten - durch die Engstelle gebracht. Alles geht ganz gut und vor allem ohne Schrammen vonstatten. Jetzt liegt Gertrud im Hauptkanal direkt vor der Alten Drostei ( ein historisches Gebäude, was gerade hervorragend restauriert wurde). Am Samstag und Sonntag haben wir bis zur Erschöpfung interessierte Menschen durch unser Schiff geführt und alles gezeigt, was bei GERTRUD so unter Deck los ist!
Der Bürgermeister und andere hohe Herren der Stadt waren bei uns und haben uns gebeten mit dem schönen Schiff doch in Papenburg zu bleiben. Nach ein paar Tagen Bedenkzeit und durch gutes Zureden von Anton (Mitorganisator des Hafenfestes) bleiben wir nun hier und versuchen den Hafen für historische Schiffe wieder attraktiver zu machen.
Das neue hydraulische Ruder muss noch kurz vor Reisebeginn umgebaut werden, da der Ruderausschlag nicht groß genug ist. Hilfe kommt und nach 6 Stunden gemeinsamer Arbeit ist alles fertig! Mit Herzklopfen geht es am 1. Juni morgens durch die Schleuse in Papenburg und raus auf die Ems. Die erste Wende gelingt ohne Probleme und mir sieht man die Erleichterung an! Nun kann die Reise los gehen. In Herbrum und den folgenden Schleusen müssen wir kaum warten- alle schalten sehr schnell auf GRÜN für Gertrud und so macht das Reisen bei Sonnenschein viel Freude. Die Nacht im alten Ölhafen ist absolut ruhig und so können wir frühzeitig unsere Reise Ems aufwärts fortsetzen. Das Glück mit den Schleusen bleibt uns treu und so ist es eine schnelle Fahrt zum Mittellandkanal. Bereits um 14 Uhr erreichen wir am 6. Juli den WSA-Hafen in Uelzen, wo die jährliche Typomania bis zum 9. Juli stattfindet. Mit neuer Crew & Hund geht es am 11. Juli auf nach Berlin. Die Fahrt über den Elbe-Seiten-Kanal, Mittel-Land-Kanal und Elbe-Havel-Kanal nach Potsdam verläuft ohne Probleme bei angenehmen Wetter. Potsdam lädt uns zum Verweilen ein und so besichtigen wir das Schloß, die Parks und die Stadt selber. Wundervolle Landschaften belohnen uns nur die Liegelätze für so große Schiffe, wie Gertrud, sind schwer zu finden und kosten viel Nerven. Weiter geht es über Burg nach Brandenburg und über den Teltow-Kanal nach Berlin. Clemens steigt im Tempelhofer Hafen als Lotse für die Stadtfahrt durch Berlin ein und ist eine große Hilfe bei den vielen schmalen Brücken und dem riesigen Fahrgastschiffsverkehr. Leider hat uns auf der Fahrt die Diesel-Vorpumpe am Motor immer wieder Probleme gemacht, offenbar zieht sie zu viel Luft, was das Anspringen des Motors ungemein erschwert.
In Berlin angekommen können wir im Historischem Hafen einen Liegeplatz für die nächsten 14 Tage beziehen und uns die aufregende Stadt Berlin in Ruhe ansehen. Am Donnerstag, den 11. Juli geht es gemeinsam mit 7 Schiffen vom Historischem Hafen weiter nach Stettin zum Oderfest. Die Fahrt ist durch eine Sperrung in der Havel-Oder-Wasserstraße besonders spannend. Nur im Konvoi und nach 17.00 Uhr dürfen wir vor den Augen der Wasserschutz passieren. In Stettin werden wir für viele Fahrten mit Gästen erwartet und Gertrud fährt 3 Touren mit über 80 Personen bei herrlichem Wetter. Nach einem erneuten Wechsel der Crew geht es von Stettin über das Stettiner Haff nach Swinemünde bei Windstärke 4-6 und einer steilen Welle. Das schöne Wetter bleibt uns treu und so ist der nächste Tag nach Wollgast ein Genuss, da auch der Wind auf 3 Bft abgenommen hat. Mit Hilfe des freundlichen Hafenmeisters bekommen wir an der Kaje einen guten Liegeplatz und erfreuen uns an der kleinen netten Stadt. Für uns ist die Fahrt nach Greifswald am nächsten Tag mit dem gelegten Mast sehr einfach, da wir auf keine Brückenöffnung zu warten haben. Greifswald empfängt uns mit Sonnenschein und einem guten Liegeplatz neben dem Bremer Lotsenboot. In Greifswald nehmen wir an der jährlichen Hafenfestregatta teil. Leider fährt uns bei der Konvoifahrt auf der Rückfahrt ein anderes Plattbodenschiff ins Heck und reißt die AIS-Antenne mit dem Klüver ab! Alles nicht so schlimm, aber doch viel Aufwand mit Wasserschutz und Versicherung. In Greifswald gehen meine Tochter mit Hund Tigge nach den wunderschönen Tagen von Bord und eine neue Crew wird vom Bahnhof abgeholt. Am 22. Juli fahren wir nach Stralsund, wo uns ein Freund mit Liegeplatz empfängt. Große Freude und bestes Essen im Fischrestaurant mit Ausblick runden den ersten Tag mit neuer Crew ab. Stralsund gefällt uns so gut, dass wir einen Hafentag zur Besichtigung Einlagen, bevor es am 24. Juli morgens um 03.00 weiter nach Rostock geht. Die Fahrt in den Sonnenaufgang hinein ist wunderschön und die Boddengewässer zeigen sich von der schönsten Seite bevor es auf die Ostsee bei Barth geht. Auf der Fahrt in der Küstenregion bekommen wir Stress mit dem Warnemünder Traffic, weil man dort der Meinung ist, wir sind Motorschiff und nicht Segler mit gelegtem Mast und hätten dann die "Autobahn" auf dem Wasser zu fahren. Nach einem anstrengendem Funkverkehr dürfen wir ausnahmsweise in der Küstenzone nach Rostock weiter fahren!!! Der nette Hafenmeister in Rostock weist uns einen angenehmen Platz an der Kate zu und versorgt uns sofort mit Strom, wofür wir sehr dankbar sind. Leider müssen wir die nächsten 3 Tage in Rostock verweilen, weil Starkwind mit 5-7 Bft angesagt sind, aber Rostock hat ja viel zu bieten und die Sonne soll bleiben. In der Zwischenzeit stellen wir unseren Mast wieder und Gertrud wird damit wieder ein Segelschiff! Harald aus Lübeck kommt auch noch zu uns und so starten wir am Morgen des 29. Julis mit 4 Personen an Bord von Rostock nach Wismar. Leider bleibt der Wind nach kurzer Zeit mit Fock ganz weg und der Motor muss wieder seinen Dienst tun. In Wismar ist Platz und die schöne Stadt gefällt allen wieder sehr gut. Am nächsten Morgen legen wir früh ab, um Lübeck zeitig zu erreichen, weil ein heftiges Unwetter am Nachmittag/Abend angesagt wird. Bereits um 15.30 sind wir bei Freunden längsseits im Museumshafen zu Lübeck und kaum das wir fest sind bricht ein heftiges Gewitter über uns herein!!!Oha, Glück gehabt - das war knapp! In den nächsten Tagen segeln wir von Lübeck aus nach Neustadt und besuchen die Visby von Harald. Endlich segeln bei etwas wenig Wind, aber Gertrud läuft 3-6 Knoten. Ich bleibe noch 14 Tage in Lübeck, repariere mit Harald die Dieselpumpe und starte dann am 19. August nach Berlin. Ales aus dem Verein hat angefragt, ob wir zur "Langen Nacht der Museen" unser Schiff für die Besucher zur Verfügung stellen, da der Dampfschlepper Andreas auf der Werft liegt. Mit Jörg fahre ich über den Elbe-Traue-Kanal und der jetzt Lotsenfreien Elbe zum Elbe-Seiten-Kanal. Das Schiffshebewerk Lüneburg ist mit 40m Höhenunterschied wieder ein Abenteuer und die restlich Fahrt auch, da immer wieder Schleusen defekt oder zeitweise gesperrt sind. Am 25. August erreichen wir Berlin. Leider ist seit 3 Tagen das Bugstrahlruder ausgefallen und das Anlegen in den Schleusen ist jetzt wieder sehr viel spannender und kostet auch manchmal Nerven und Kraft! Am Samstag, den 31. August, besuchen uns von 18-01.30 Uhr über 200 Gäste an Bord der Gertrud, die ihr ungewöhnliches Innenleben - die reisende Druckwerkstatt - zeigen kann. Dank an alle Helfer und Mitreisende: Christine, Julia, Dietmar, Harald, Thomas und Jörg
Am 5. Juni sind Harald und ich mit GERTRUD aus Berlin nach Uelzen zur Künstlertagung "Corona-TYPOMANIA" aufgebrochen. Der Mast wurde gelegt und der Klüverbaum abgebaut, so wie man es für eine Kanalreise braucht. Potsdam war unsere erste Station und der reservierte Liegeplatz , wie immer, wunderbar! Am nächsten Tag ging es nach Brandenburg - auch da ein guter Liegeplatz in der Marina.
Es ist kühl und ziemlich windig geworden, was das Kanalfahren vor den Schleusen immer schwierig macht. Am nächsten Tag erreichen wir die kleine hübsche Stadt Burg, wo uns abends die Wasserschutz kontrolliert! Am nächsten Tag wird es endlich wärmer und wir erreichen die Schleuse Süllfeld auf dem Mittellandkanal. Der Elbe-Seiten-Kanal am nächsten Tag liegt hoch über den Feldern-eine ganz ungewohnte Kanalsicht. Schleuse Uelzen mit automatischen Pollen und schon ist der WSA-Hafen da, wo wir eine Bleibe für die nächsten Tage finden.
Die Corona-Typomania ist von der Teilnehmerzahl sehr klein und bescheiden, was den Vorteil hat, dass jeder eine Andruckpresse zur Verfügung hat. Das Thema ist "Die Aufklärung" und so setzen und drucken wir von morgens bis abends. Julia, Teil der Gertrud-Crew ist gekommen und hilft - auch in der Druckwerkstatt - mit. Am Sonntag, geht die Typomania mit Mittagessen und Kaffee zu Ende. Harald kommt zur Verstärkung und so legen wir am Montag, den 15. Juni, ab. Bei schönem Wetter gelingt es uns ganz gut, über die Elbe nach Lauenburg zu kommen und da in den Elbe-Lübeck-Kanal einzuschleusen. Der Tag wird lang, weil wir keinen Liegeplatz finden und so müssen wir bis Möln fahren, um endlich vor einem Getreidesilo festmachen zu können! Der nächste Tag ist umso kürzer und so sind wir bereits mittags in Lübeck und machen im Museumshafen erleichtert fest.
Hier in Lübeck muss der Mast und der Klüver wieder gestellt und das ganze Schiff seefest für die Ostsee geräumt und verzurrt werden. Die nächsten Wochen vergehen mit kleinen Fahrten nach Neustadt (15 Seemeilen entfernt) und viel Besuch aus Berlin, Hamburg, Dänemark und Frankfurt. Ende Juli fahren wir über Heiligenhafen, Eckernförde, Flensburg bis Dänemark (Sonderburg) und genießen Wind, Welle und nicht selten auch den Motor. In einem großen Törn geht es dann zurück via Heiligenhafen, Neustadt nach Lübeck. Hier beginnen wieder die Vorbereitungen für die Kanal-Rückfahrt: Klüver abbauen und das Mastlegen. Zu Dritt geht es am 15. August, morgens um 08.00 Uhr, los. Der Nebel wird so dicht, dass wir noch eine Stunde warten müssen! Wir haben es eilig, weil das Hebewerk Scharnebeck ab Montag wegen Reparaturen ganz schließen wird. Ein einmaliges Erlebnis entschädigt uns: wir fahren mit dem Trog bei Sonnenuntergang hoch zum Elbe-Seiten-Kanal. Auch die weitere Fahrt bei Dunkelheit ist nicht weniger spannend, bis wir endlich gegen 22.30 einen Liegeplatz erreichen.
In den nächsten Tagen erreichen wir den Dortmund-Ems-Kanal, der zu unserer Überraschung für 6 Wochen gesperrt ist! Frust packt uns und dann die Überlegung was tun? Wir fahren nach Minden zurück und gehen dort über die neue Schleuse in die Weser. Klar, die Weser ist jetzt auch stärker befahren und wir müssen uns erst an den kurvenreichen Fluß gewöhnen! Die Schleusen meinen es gut mit uns und so sind wir bereits am nächsten Tag in Bremen. Benjamin, ein Freund, besorgt uns im Europahafen einen Liegeplatz und so kann Julia am nächsten Tag ihren Geburtstag feiern. Wir fahren einige Tage später weiter nach Oldenburg, wo uns der Huntestrom kräftig zu schaffen macht. Wir müssen gegen den Strom (Ebbe) fahren und kommen nur langsam voran. In Oldenburg machen wir eine 14-tägige Pause und können, wunderbar am Steg des OYC, liegen. Ich genieße Oldenburg und auch viele Freunde aus alter Zeit. Am 5. September legen Julia und ich in Oldenburg ab und befahren den Küstenkanal bis Herbrum. In einem Ems-Seitenarm finden wir einen kleinen Steg und können unseren Eintopf, bei einem herrlichen Sonnenuntergang, genießen. Am nächsten Morgen kommt Anton und begleitet uns auf dem letzten Stück nach Papenburg. Der freundliche Schleusenwärter macht uns auf das Niedrigwasser und die damit verbundenen Schwierigkeiten aufmerksam. Er ist besorgt, aber Anton und ich können ihn beruhigen, denn wir haben mit der Schleuse in Papenburg gesprochen! Und so legen wir ab, schleusen und sind bereits 1 Stunde später in Papenburg. Wir legen an einem Arbeitsponton an und warten bis 13.30 ab. Wir werden schnell geschleust, obwohl die Schleuse eine Baustelle ist und können. auch noch die Eisenbahnbrücke um 14.20 erreichen. Unter Publikum fahren wir in den Hauptkanal bis zur kleinen Brücke. Im letzten Augenblick geht sie auf und wir können ganz langsam - mehr tastend - durch die enge Brücke fahren! 300 Meter weiter ist unser Winterliegeplatz vor der Alten Drostei und dem ParkInn-Hotel. Vertreter der Stadt begrüßen uns herzlich und servieren uns einen Begrüßungstrunk! Danke für den Empfang. Wir sind nach der langen Reise glücklich und zufrieden, ohne Schrammen und Beulen heil angekommen zu sein. Dank an alle Helferinnen und Helfer und einen Dank auch an die alte Dame GERTRUD.
Ende April 2021 geht es bei schönem, aber kalten Wetter nach Oldersum zur Werft! Gertrud ist zur SUK-Untersuchung (SchiffsTÜV) (alle 5 Jahre fällig und muss auch von unten genau inspiziert (geschallt) und neu gemalt werden. Auf der Helling haben wir 19 neue Anoden angebracht und am Ruder einige Verbesserungen angeschweißt. Die Schalluntersuchung brachte ein gutes Ergebnis für uns und der Rumpf von Gertrud zeigte keine Mängel. Auch die weitere Untersuchungen (Brandschutz, Rettungsmittel, Maschinenraum usw.) war beanstandungsfrei und so konnten wir voller Freude das neue Zertifikat in Empfang nehmen. Die Werft half uns wieder bei vielen schwierigen Arbeiten und auch durch die HelferInnen konnte Gertrud bereits nach 4 Tagen wieder ins Wasser.
Am Mittwoch, den 12. Mai fahren wir (Julia und ich) über die Ems in Richtung Schleuse Herbrum und erreichen am nächsten Tag durch den Küstenkanal Oldenburg. Am Samstag steigen frühmorgens Barbara und Johannes ein und fahren mit uns die Hunte stromabwärts. Es geht auf die Weser und nach 17 Km ist die Schleuse von Brake in Sicht. Bei der Einfahrt in den Schleusenkanal drückt uns der ablaufende Strom gegen einen Dalben! Es rummst kurz und schon hat Gertrud eine Beule an der Backbordseite. Meine erste nach vielen Jahren! Später kommen Hilli und Heinz von der Werft und beseitigen in wenigen Stunden unser/mein Maleur! In Brake soll Gertrud, trotz Corona-Pandemie, im Rahmen einer Kunstinstallation zu Ehren des Dichters Georg van der Vring drucken. Vor 100 Jahren wurde Georg van der Vring in Brake geboren und lebte später mit seiner Frau Theresa in der Region. Die Gedichte sind berührend und ergreifend und so entschließen wir uns ein besonderes Gedicht - Nie Genug - im Handsatz mit Holzbuchstaben in einer limitierten Auflage auf Leinenstoff zu drucken. In kleinen Gruppen arbeite ich mit Kindern jeweils zu einem Gedicht von Georg van der Vring. Mit großer Begeisterung unterwerfen sie sich dem Linoleum-Material und schneiden ein Bild zum Gedicht. Es ist richtig Arbeit, aber keiner gibt auf und die Augen der Kinder leuchten nach dem ersten Andruck vor Freude. Drei Wochen künstlerische Druckarbeit unter der wunderbaren Betreuung von Barbara gehen schnell zu Ende und so brechen wir am 4. Mai mit neuer Crew nach Uelzen zur Typomania auf. Doris, Franz und Joschi (der Vierbeiner) begleiten mich. Zuerst fahren wir die Weser rauf bis Bremen und gehen für eine Nacht längsseits von Benjamins neuem Binnenschiff. Am nächsten Tag dann geht es die Mittelweser bei heftigem Regen hoch bis Hoya, wo uns Michal und Silke mit ihrer Mannschaft erwarten. Der Regen hört auf und so genießen wir auf den von Silke und Michael mitgebrachten Bänken das wundervolle Abendbrot. Bevor wir am nächsten Tag weiter reisen erwartet uns noch ein tolles Abschiedsfrühstück am Kai! Ein großes Dankeschön an Silke und Michael. In Minden erreichen wir den Mittellandkanal - mit der gefürchteten Schleuse Anderten. Diesmal klappt alles und so sind wir schnell beim Elbe-Seiten-Kanal. Über den Feldern, Wiesen und Wäldern geht der relativ hochlegende Elbe-Seiten-Kanal ganz ungewöhnlich dahin. Die Schleuse Uelzen bringt uns noch einmal 32 m höher, bis wir am Ziel in Uelzen pünktlich zur Typomania am Donnerstag eintreffen. Corona bedingt haben auch in diesem Jahr nur wenige Handpressenkünstler den Weg in den Turm gefunden. Insoweit sind für alle genug freie Druckpressen vorhanden, was ein Vorteil ist. Es wurde vom 10. bis 13. Juni zum Thema "ANGST" eine Plakatmappe erarbeitet! Ralf, ein alter Freund aus Oldenburg, kam zeitig am Montag als neues Crewmitglied nach Uelzen. Das Hebewerk Lüneburg empfing uns mit GRÜN, das heißt freie Einfahrt in den Wassertrog. In 20 Minuten ging es atemberaubend 38m runter auf das Elbefahrwasser. Jedesmals überkommen mich Zweifel, ob die Stahltrossen den schweren Wassertrog auch halten? Sie taten es! Es ging weiter über die Elbe nach Lauenburg und dort in den Elbe-Lübeck-Kanal. Auch hier empfing uns die Schleuse mit GRÜN und erleichtert konnten wir sofort einfahren. An der nächsten Schleuse, Witzeeze haben wir angelegt und uns mit dem Stromgenerator ein leckeres Abendessen gemacht. Mit wunderbarem Wetter, konnten wir auch den zweiten Tag beginnen. Im Kanal wird die Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit von 10 Km/h zwischen den Schleusen streng überwacht, um das Ufer zu schützen! Es gilt diesen alten wunderbaren Kanal, von1900 mit seinen historischen Schleusenanlagen, zu bewahren. Die ganze Landschaft ist einfach nur entzückend und auch die Schleusen, die sich über den Schiffsverkehr untereinander verständigen! So konnten wir bis Lübeck in allen Schleusen mit GRÜN einfahren und wurden super freundlich erwartet und geschleust. An alle Schleusenwärter ein herzliches Dankeschön.
Mit gestelltem Mast geht es im Juli erst nach Wismar und dann nach Rostock. Hier schlägt die Pandemie im doppelten Sinne zu: Ein Crewmitglied wird nach der Impfung krank und in Rostock am Hafen rockt es die ganze Nacht! An Schlaf war nicht mehr zu denken und so verholen wir nach gegenüber zum Segelverein, der uns ganz herzlich aufnimmt. Wir sind total dankbar und können jetzt die Stadt genießen und vor allem wieder ruhig schlafen! Leider war es auch in Lübeck mit dem Partymachen ähnlich. Aufgrund der erneuten Unsicherheit über mögliche Grenzsperrunge, weil die Inzidenzen wieder asteigen, kehren wir nach Neustadt zurück. Unterwegs ereilt uns ein heftiges Gewitter kurz vor Neustadt in der Lübecker Bucht. Das Wetter ist leider in der nächsten Zeit ganz unbeständig und so gibt es nur kleinere Ausfahrten in der Lübecker Bucht.
Am 11. August starten wir wieder mit gelegtem Mast über den Elbe-Lübeck-Kanal nach Berlin. Wir Schaffen es bei gutem Wetter bis Winzeese und übernachten dort an der Schleuse. Am nächsten Tag geht es an Lauenburg vorbei über die Elbe und das Schiffshebewerk bis nach Uelzen.Wir werden von Telse und Werner abgeholt, die mit uns in die Stadt ganz wunderbar zum Essen einladen. Vielen Dank. Am 3. Tag geht es über die Schleuse Uelzen bis zum Mittellandkanal, wo uns die Schleuse Süllfeld erwartet. Bei KM 256 geht es in die verdiente Abendruhe. Unser nächster Stopp ist die Stadt Burg am Elbe-Havel-Kanal. In der Schleuse musste ein Motorboot bei uns längsseits gehen, wegen der Schwimmpoller. So haben wir Anja und Michael kennengelernt und mit ihnen eine kleine Fahrradtour durch Burg gemacht. Das Wetter ist wunderbar und so fahren wir voller Freude weiter zu unserem nächsten Ziel: Stadtmarina Brandenburg. Auch wir ist Gertrud gern gesehen und wir schwingen uns gleich auf die Fahrräder und treffen überraschend Anja und Michael wieder, die in einem kleinen Hafen unter gekommen sind. Die Untere Havel und Potsdamer Havel belohnen uns mit wunderbaren Seen, herrliche Landschaften und ganz viel Sonne. Wir erreichen am Abend den Yachthafen Burchardi in Potsdam, wo wir am Steg einen Platz reserviert haben. Leider machen uns immer wieder ungeübte Motorboote das Leben schwer, so auch hier beim Aufdrehen und Anlegen. Es ist Starkwind angesagt und so entscheiden wir uns für einenRuhetag in Potsdam. Am 18. fahren wir früh los, da der Wind noch immer stark blasen soll und erreichen den gut geschützten Teltowkanal rechtzeitig. Bereits um 14.15 kommt der Historische Hafen in Berlin in Sicht und wir fahren ganz langsam zu unserem Liegeplatz. Am Abend besuchen uns noch Anja & Michael mit Sohn & Freund. Zur Freude aller macht Anja herrliche Pfannkuchen, die wir an Bord genießen. Leider müssen sie bald ablegen und sich mit ihrem Boot auf den Rückweg ins Ruhrgebiet machen. Gertrud wird den Winter wieder in Berlin verbringen und sich diesmal, hoffentlich ohne Einschränkung, der Kultur und der Universität widmen. Ahoi
Der Winter war mild und windig und mit ganz wenig Eis und Schnee. Dafür sind wir dankbar! Das Frühjahr hat in Berlin mit ganz viel Unruhe begonnen: Die Coronakrise, der Krieg in der Ukraine, die Verteuerung der Energiekosten (was uns sehr trifft) und die zunehmende Umweltzerstörung. Gertrud liegt an der Fischerinsel, einem kleinen wilden Park vor den Hochhäusern. Seit März werden hier - aus welchem Grund auch immer - mit Motorsägen zum Teil alte und wertvolle Bäume gefällt. Wir sind, wie alle Anwohner, empört, dass gerade in der Klimadebatte die Motorsägen vollendete Tatsachen schaffen und wir hilflos zusehen müssen!
Auch aufgrund der enorm gestiegenen Treibstoffpreise wird GERTRUD den Sommer 2022 in Berlin bleiben. Wir werden mit der Humboldt - Universität im Bereich des Schriftspracherwerb nach der Freinet-Pädagogik weiter arbeiten und hoffen auch in der Druckwerkstatt von GERTRUD wieder tätig werden zu können. Das Frühjahr wird auf GERTRUD im Zeichen der Renovierung stehen: das Deck und das Deckshaus muss geschliffen und neu gestrichen werden. So bald es die Coronakrise zulässt, werden wir auch für Interessierte unsere Werkstatt zu bestimmten Zeiten oder auf Anfrage wieder öffnen. Bis dahin sonnige Frühjahrsgrüße und ein herzliches AHOI